Audiodeskription bei den Internationalen Stummfilmtagen Bonn 2016

DER GANG IN DIE NACHT

Stummfilm von Friedrich W. Murnau, D 1920, 98 Min., viragiert
Regie: Friedrich W. Murnau
Drehbuch: Carl Mayer, nach einem Filmszenarium von Harriet Bloch
Mit Olaf Fönss, Gudrun Bruun-Steffensen, Conrad Veidt u.a.

Sonntag, 14. August 2016, 17.00 Uhr, LVR-LandesMuseum Bonn
Mit Klavierbegleitung und live-Audiodeskription

Inhalt: Die verführerische Tänzerin Lily reißt den pflichtbewussten Arzt und Forscher Eigil aus seinen geordneten Verhältnissen. Beide lassen Karriere und Stadtleben hinter sich und leben an einer wilden Küste ein idyllisches Leben voll verspielter Liebe. Dann tritt ein blinder Maler in ihr Leben, und ein tödliches Drama nimmt seinen Lauf. – Murnaus erste erhaltene Regiearbeit nimmt Motive seiner späteren Meisterwerke vorweg: Wie in SUNRISE wirft eine Verführerin einen Mann aus der Bahn.

Premiere: 21.1.1921 (Berlin)

Die neue Rekonstruktion des Filmmuseums München wird mit einer Audiodeskription für Sehbehinderte vorgeführt, die sich an der Praxis der Kinoerzähler orientiert.

Klavierbegleitung und Musik: Richard Siedhoff

Sprecher: Louis F. Thiele

Audiodeskription / Konzeption und Produktion: Deutsche Hörfilm gGmbH

„Dieser Film bildet eine Art Epoche in der Filmkunst. Es ist hier, nach Meinung der Hersteller, zum erstenmal versucht worden, das Kammerspiel dem Filmspiel einzuverleiben, das heißt, eine starke spannende Handlung mit wenigen Personen ist bis in die feinsten psychologischen Details ausgearbeitet worden, die Einheit von Ort und Menschen, das allerintimste Verwobensein der atmosphärischen Stimmung mit dem Seelenleben der Handelnden, ist mit den raffiniertesten Mitteln der Mimik und der Filmregie erstrebt und erreicht. So haben wir hier nicht nur einen Publikumsfilm, dessen spannender Konflikt die breiteste Zuschauerschaft interessieren und fesseln wird, sondern zugleich ein raffiniertes Kabinettstück, das auch dem anspruchvollsten und verfeinertsten Kenner genügen muß. Die Darstellung, in deren Mittelpunkt Olaf Fönss steht, ist vollendet. Die Regie Murnaus ist eine Meisterleistung allerersten Ranges.“

Der Kinematograph, Nr. 728, 30.1.1921

Lotte Eisner, in her book on Murnau, mentions an influence on his films which is important: the Scandinavian cinema of the teens. The work of directors such as Sjöström and Stiller is marked by outdoor realism, a poetic treatment of landscape and a very controlled, understated portrayal of psychological conflicts. DER GANG IN DIE NACHT is Murnau at his most Scandinavian. Based on a Danish story, it was the second film with CALIGARI scriptwriter Carl Mayer, and the double love triangle has much in common not only with the Expressionist classic, but with countless other ’serious’ film melodramas of the period. But unlike CALIGARI, it revels in chic modern interiors, and the sequences by the seaside are highly evocative of the natural locations. Murnau’s art, one might say, comprised an ability to naturalise artifice, and to heighten reality to the point where the action is suffused with an atmosphere at once lyrical and uncanny, ethereal and mysterious.“

Thomas Elsaesser, in: Sight & Sound, Winter 1989/90